Ethik, Religion, Gemeinschaft: Kommentare bei YouTube

Online-Zeitungen, soziale Netzwerke und Plattformen wie YouTube erlauben es den Nutzerinnen und Nutzern, Inhalte zu veröffentlichen und diese zu kommentieren. Dabei halten sich nicht alle an die Grundregeln des Anstands: Sie verurteilen andere und versuchen diese zu demütigen oder zu entmenschlichen. Wie dieser Missbrauch der freien Meinungsäusserung im Unterricht thematisiert werden kann, zeigt eine Lektionsbeschreibung zu YouTube-Kommentare über Greta Thunberg.

Dazu schauten sich die Schülerinnen und Schüler ein auf YouTube veröffentlichtes Nachrichtenvideo der ARD Tagesschau an:

Im Anschluss füllten sie einen Fragebogen aus, bei dem sie zu verschiedenen Aussagen Stellung nehmen mussten.

Je höher die Werte ausfallen, desto eher sind die Schülerinnen und Schüler der Meinung, dass eine gemachte Aussage zutrifft.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Schüler das Video für vertrauenswürdig halten, sie der Klimawandel beschäftigt und ihnen respektvolles Verhalten anderen gegenüber wichtig ist. Kritischer schätzen sie die Person von Greta Thunberg ein und die Bewegung „Fridays for Future“ ein, während sie davon ausgehen, dass der Klimawandel für Erwachsene nicht die gleich hohe Priorität hat wie für Jugendliche.

In der Umfrage konnten sich die Schülerinnen und Schüler auch frei über Greta Thunberg äussern. Einige Kommentare sollen dies verdeutlichen.

„Ich finde sie sieht sehr selbstbewusst aus. Sie sieht sympathisch aus und sie sieht jünger aus als sie ist. Ich glaube sie setzt sich sehr für das was sie macht ein und sie verbringt viel Zeit damit, darüber nachzudenken.“

„Greta sieht in meinen Augen recht jung aus, doch vom Verhalten würde ich sie älter schätzen. Mich persönlich interessiert es nicht, was sie macht.“

Im Anschluss hatten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, die in einem PDF zusammengefassten Kommentare unter dem YouTube-Video zu studieren. Da das Dokument rund 200 Seiten umfasste, beschränkten sie sich jeweils auf Teilaspekte:

  • Im einfachsten Falle lassen sie einfach einen Ausschnitt des Dokuments, d.h. beschränkten sich auf wenige Seiten.
  • Andere benutzten die Suchfunktion des PDF-Betrachters um gezielt nach Begriffen zu suchen.
  • Einige konzentrierten sich darauf, die Anzahl der Kommentare durch individuelle Nutzer zu zählen.

Den Schülerinnen und Schülern wurde schnell klar, dass das Video nicht nur wohlwollend kommentiert wurde, was sie teilweise stark irritierte.

Nach dem Studium der Kommentare beantworteten die Schülerinnen und Schüler eine zweite Umfrage. Dabei nahmen sie noch einmal zu den schon in der ersten Umfrage vorgegebenen Aussagen Stellung. Während die meisten Aussagen stabil bewertet wurden, kam es aber auch zu einigen interessanten Abweichungen:

In der zweiten Umfrage nahmen die Schülerinnen und Schüler noch einmal zu den gleichen Aussagen Stellung.

Am auffallendsten ist sicherlich, dass die Sympathie für Greta Thunberg im Vergleich zur ersten Umfrage abnahm, was darauf hindeutet, dass Hasskommentare durchaus Wirkung erzielen können. Auch die Einschätzung darüber, wie andere Greta Thunberg einschätzten, wies gegenüber der ersten Umfrage eine negativere Tendenz aus. Die Haltung der Erwachsenen gegenüber dem Klimawandel wurde ebenfalls weniger positiv eingeschätzt und die Bereitschaft an einer entsprechenden Demonstration teilzunehmen, nahm ab.

Ausserdem äussersten sich die Schülerinnen und Schüler frei darüber, was sie von den Kommentaren unter dem YouTube-Video hielten.

Ich denke viele Menschen haben das Bedürfnis, andere Leute runter zu machen. Die Sache ist nur, dass ihnen das überhaupt nichts bringt und einfach respektlos ist. Solche Kommentare sollte man lassen oder neutral schreiben.

Weshalb manche Leute beleidigende Dinge schreiben, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Dieses Muster zog sich durch alle Kommentare, unabhängig davon, wie wichtig den einzelnen Schülerinnen und Schüler das Thema Klimawandel oder wie sympathisch ihnen die Greta Thunberg als Person ist. Auf Unverständnis stiess bei vielen auch der Aufwand, den Einzelpersonen offensichtlich betreiben, um Kommentare zu verfassen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Schüler sich motiviert mit der Thematik „Kommentare bei YouTube“ auseinandersetzten, dabei aber unterschiedliche Ansätze zum Durchforsten der Kommentare verwendeten. In Bezug auf negative Kommentare waren sich aber alle einig, dass man solche besser unterlässt. Wenn also Themen wie Hass im Internet zunehmend im Unterricht thematisiert werden, sollte man sich dabei kritisch fragen, ob damit nicht ein Problem angesprochen wird, welches die aktuelle Generation der Jugendlichen zumindest im vermuteten Ausmasse gar nicht (mehr) hat.

Weiterführende Unterlagen

Kurs der European Schoolnet Academy: Hacking Hate, https://www.europeanschoolnetacademy.eu/courses/course-v1:SELMA+Hacking_Hate+2019/about

Grösster gemeinsamer Teiler

Der grösste gemeinsame Teiler (ggT) wird in der Mathematik beispielsweise beim Gleichnamigmachen von Brüchen verwendet, er ist aber auch innermathematisch interessant. In diesem Beitrag wird anhand des ggTs gezeigt, wie die Computerunterstützung den Mathematikunterricht bereichern kann.

Zur Berechnung des ggT können verschiedene Verfahren verwendet werden.

  • Teilermengen
  • Primfaktorzerlegung
  • Euklidischer Algorithmus

Teilermengen

Bei kleinen Zahlen ist die Verwendung von Teilermengen für die Berechnung des ggTs sinnvoll, weshalb dieses Verfahren gerne auf der Primarstufe verwendet wird. Um beispielsweise den ggT(18,24) zu berechnen, schreibt man die Teilermengen von 18 und 24 auf:

T18 = {1, 2, 3, 6, 9, 18}

T24 = {1, 2, 3, 4, 6, 8, 12, 24)

Es gilt also: ggT(18, 24) = 6.

Primfaktorzerlegung

Da die Menge der Teiler bei grossen Zahlen schnell übersichtlich werden kann, ist es häufig einfacher, die Zerlegung in Primfaktoren anzuwenden. Dieses Verfahren wird auf der Sekundarstufe I bevorzugt, weil Primfaktoren in der Zahlentheorie häufig auch behandelt werden. Für unser einfaches Beispiel sieht dies so aus:

18 = 23 ∙ 3

24 = 2 ∙ 2 ∙ 2 ∙ 3

Die paarweise eingefärbten Primfaktoren können nun als Faktoren zur Bildung des ggTs verwendet werden: 23 = 6.

Dieses Verfahren ist zwar mathematisch der Methode mit den Teilermengen vorzuziehen, aber für die Schülerinnen und Schüler weniger offensichtlich, weshalb es sich hier lohnt, eine Visualisierung zu Hilfe zu nehmen.

GeoGebra-Applet zur Visualisierung des ggTs.

Das für die Visualisierung verwendete GeoGebra-Applet, ist unter diesem Link verfügbar: https://www.geogebra.org/m/dhVMBqr3. Da die einzelnen Primfaktoren der beiden gegebenen Zahlen als unterschiedlich eingefärbte Elemente (blau und rot) eines Punkteplots dargestellt werden, wird deren Schnittmenge (violett) sofort ersichtlich. Als Zusatzgewinn ist auch gleich das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) ersichtlich.

Auch wenn die Primfaktorzerlegung schneller zum Ziel führt als die Bestimmung der Teilermengen, kann sich doch für grosse Zahlen sehr schnell sehr aufwändig werden.

Euklidischer Algorithmus

Beim euklidischen Algorithmus werden in der einfacheren Form Differenzen, in der etwas schneller zum Ziel führenden Form Quotienten und Reste verwendet. So ergeben sich z.B. für die Zahlen 18 und 24 folgende Schritte:

Für die Berechnung am Computer wird die Modulo-Funktion verwendet.

Auch hier ist es für Schülerinnen und Schüler nicht einfach nachzuvollziehen, wie genau und weshalb der Algorithmus funktioniert, weshalb sich wieder ein Rückgriff auf eine Visualisierung empfiehlt. Eine solche hat z.B. die japanische Keio Universität zu Verfügung gestellt: Link zur Webseite.

Visuelle Umsetzung des euklidischen Algorithmus.

Möglichkeiten der computergestützten Mathematik

Die oben gezeigten Visualisierungen laden zu weiteren mathematischen Untersuchungen ein. Im Hinblick auf den euklidischen Algorithmus ist etwa die Fragen nach Zahlenpaaren interessant, welche möglichst viele Schritte bis zur Lösung benötigen. Dazu muss natürlich der Zahlenraum eingeschränkt werden. Aber einige Versuche zeigen schnell, dass nicht unbedingt die grössten Zahlen auch die meisten Rechenschritte erfordern, und bereits im Zahlenraum 1000 ergeben sich so viele mögliche Kombinationen, dass diese nicht mehr von Hand untersucht werden können.

Deshalb lohnt es sich, den Sachverhalt mit dem Computer berechnen zu lassen. Dies kann beispielsweise mit Snap! geschehen, wobei erst einmal eine für den Computer verständliche Umsetzung des euklidischen Algorithmus geschrieben werden muss. Eine elegante Umsetzung findet sich z.B. in Donald E. Knuths „The Art of Computer Programming. Volume 1: Fundamental Algorithms“ auf Seite 2.

Beschreibung des Algorithmus von Euklid durch Donald E. Knuth (1997).

In Snap! kann dieser Algorithmus mit einer Rekursion umgesetzt werden:

Die ggT-Funktion ruft sich immer wieder selbst auf, bis die Division der beiden Variablen keinen Rest mehr ergibt.

Mit Hilfe der geschriebenen Funktion kann nun der ggT für viele Zahlenpaare berechnet werden. Färbst man zusätzlich Koordinaten (Quadrate) gemäss ihrer Iterationstiefe (Anzahl notwendige Schritte zur Berechnung), erhält man sehr schnell einen Überblick, welche Zahlenpaare interessant sind.

Jedes Quadrat entspricht einem Wertepaar: Unten links z.B. dem Paar (1, 1). Ab einer gewissen Iterationstiefe wurden die Quadrate rot eingefärbt.

In der oben abgebildeten Grafik entsprechen die roten Punkte beispielsweise den Koordinaten (13, 21) und (34, 21).

Verschafft man sich einen Überblick über eine grössere Zahlenmenge, erhält man beispielsweise die Koordinaten (34, 55) und (89, 55) als interessante Werte.

Damit ein grösserer Zahlenbereich überblickt werden kann, wurden die Koordinaten-Quadrate kleiner gezeichnet.

Die Visualisierung hilft uns also dabei, interessante Zahlenpaare zu finden. Um die Frage nach dem Zahlenpaar mit den meisten Berechnungsschritten im Zahlenraum bis 1000 zu klären, reicht dies jedoch noch nicht aus. Hier lohnt es sich, noch einmal zur Visualisierung des ggTs durch die japanische Keio Universität zurückzukehren, wobei wir diesmal das Zahlenpaar (34, 55) verwenden:

Visualisierung für die Berechnung von ggT(34, 55).

Es lohnt sich, die Grösse der verwendeten Quadrate zu betrachten: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, … Spätestens an dieser Stelle entdecken einige Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 die zugrunde liegende Gesetzmässigkeit. Jede Zahl ist jeweils die Summe ihrer beiden Vorgängerzahlen, besser bekannt als Fibonacci-Folge. Indem wir diese fortsetzen, finden wir die entsprechende Lösung: … 55, 89, 144, 233, 377, 610, 987.

Die Verwendung von computergestützten Visualisierungen erleichtert es den Schülerinnen und Schüler also nicht nur, mathematische Verfahren besser zu verstehen, sie lädt auch dazu ein, selbständig oder im Dialog weitere mathematische Zusammenhänge zu entdecken. Ohne Unterstützung ist dies zwar auch möglich, eine solche Umsetzung würde aber zu viel Zeit in Anspruch nehmen und wäre weniger offensichtlich.

Das verwendete Snap!-Programm wird durch verschiedene Parameter gesteuert, diese werden im Programm selbst genauer beschrieben.

Link zum Programm: https://snap.berkeley.edu/project?user=mattgig&project=ggT

Quellen

Knuth (1997, 3rd Edition). The Art of Computer Programming. Volume 1: Fundamental Algorithms. Link: https://archive.org/details/B-001-001-249

Übung Euklidischer Algorithmus: https://www.gigers.com/matthias/schule/euklid_einfach.html

Visualisierung Euclidean Algorithm: https://gc.sfc.keio.ac.jp/fl_img/course04/ex/euclidean_animation/euclidean.html

Visualisierung ggT und kgV (GeoGebra): https://www.geogebra.org/m/dhVMBqr3

Wikipedia: Fibonacci-Folge, https://de.wikipedia.org/wiki/Fibonacci-Folge

Wikipedia: Grösster gemeinsamer Teiler, https://de.wikipedia.org/wiki/Größter_gemeinsamer_Teiler