Tastaturschreiben

In der Volksschule wurde bereits vor Jahren das systematische Training der Handschrift unter anderem mit dem Hinweis auf deren verschwindende Bedeutung im tastaturorientierten Computerzeitalter massiv abgebaut oder zumindest aus dem Klassenzimmer in die Verantwortung der Eltern verlagert. Ein systematischer Schreibunterricht, wie er ehemals praktiziert wurde, scheint kaum mehr stattzufinden. Die Auswirkungen dieser Entwicklung werden selten diskutiert, sind aber im Schulalltag umso offensichtlicher: Vielen Schülerinnen und Schülern gelingt es nicht im genügenden Ausmasse, eine automatisierte Handschrift zu entwickeln, welche es ihnen erlaubt, sich auf die höheren Funktionen der Textgestaltung zu konzentrieren. Dies beginnt bei unsinnigen Bewegungsabläufen beim Schreiben einzelner Buchstaben, setzt sich fort in Unsicherheiten bei der Rechtschreibung und führt in Verbindung mit einer mangelnden Exposition von geschriebenen Texten und fehlender Übung im Schreiben solcher zu grammatikalisch falsch aufgebauten Sätzen. Kommen dann noch sprachliche Herausforderungen dazu, wie beispielsweise ein fremdsprachiges Elternhaus, kann dies zu einem fast völligen Verlust der schriftlichen Verständlichkeit führen. Nun scheint sich eine ähnliche Entwicklung beim Tastaturschreiben abzuzeichnen.

Theorie und Praxis

Dabei ist zwischen theoretischen Anforderungen und der tatsächlichen Schulpraxis zu unterscheiden. Der Lehrplan fordert ein geläufiges Schreiben von Hand und mit der Tastatur:

„Die Schülerinnen und Schüler können in einer persönlichen Handschrift leserlich und geläufig schreiben und die Tastatur geläufig nutzen. Sie entwickeln eine ausreichende Schreibflüssigkeit, um genügend Kapazität für die höheren Schreibprozesse zu haben. Sie können ihren produktiven Wortschatz und Satzmuster aktivieren, um flüssig formulieren und schreiben zu können.“ (Lehrplan Kanton Thurgau, Deutsch D.4 Schreiben)

Er legt aber die Verantwortlichkeit für das Tastaturschreiben nicht eindeutig fest, respektive stellt in der Stundentafel keine entsprechenden Zeitgefässe dafür zu Verfügung. So beschreibt der Lehrplan im Zyklus 2 die Kompetenz, Texte mit verschiedenen Schreibgeräten gestalten zu können und nennt dabei auch die Tastatur. Und im Zyklus 3 ist dann die Rede davon, dass Schüler „ausreichend automatisiert“ handschriftlich und mit der Tastatur schreiben können sollen.

Immerhin wird der Lehrplan in den „Didaktischen Hinweisen“ zum Sprachlernen dann doch noch etwas deutlicher:

„Ab dem 2. Zyklus wird das Blindtippen zunehmend automatisiert. Das Training von häufigen Buchstabenfolgen und Wörtern führt zu raschem Tastaturschreiben. Im 3. Zyklus soll das Tastaturschreiben automatisiert werden. Die blinde, perfekte Beherrschung der Tastatur zu erwerben ist nicht Ziel der Volksschule.“

Wenn der Lehrplan davon spricht, dass die „perfekte Beherrschung der Tastatur“ nicht das Ziel der Volksschule sei, dann beschreibt er einen Lernstand, welche einige Schülerinnen und Schüler aktuell nach etwa einem halben Jahr intensivem Tastaturschreibunterricht mit einer Wochenlektion auf der Sekundarstufe inklusive Training zuhause erreichen können.

Trotzdem bleibt diese Formulierung „Automatisierung“ des Tastaturschreibens stark interpretationsbedürftig und führt in Gesprächen mit Verantwortlichen zwischen und innerhalb der einzelnen Zyklen zu ganz unterschiedlichen Interpretationen.

Sorgloser Umgang mit dem Tastaturschreiben

Auf der Seite einen werden die schon von der Handschriftdebatte angeführten Argumente ins Spiel gebracht: Das Tastaturschreiben sei eine veraltete Erscheinung, welche bald durch neue Techniken wie die automatisierte Spracherkennung überflüssig gemacht werde, und sie werde ja auch nicht von anderen Schülerinnen und Schüler in ihrem späteren Berufsleben gebraucht, d.h. wäre im Wesentliche eine Technik, welche nur für Sekretärinnen von Bedeutung sei.

So machen z.B. Günther, Bredel & Becker-Mrotzek (2007, S. 15) in ihrem Beitrag zur Sprachdidaktik „Texte schreiben“ folgende Aussage:

„Routine im Handschreiben, Tastaturschreiben, Diktat und der Orthographie setzt Kapazitäten frei für andere Prozesse, sind aber keine zwingenden Voraussetzung für die Produktion eines Textes.“

Tastaturschreiben wird hier also als eine Technik angesehen, welche durchaus nützlich sein kann, aber eben keine zwingende Voraussetzung für weitere Lernschritte darstellt.

Diese Argumentation ist insofern erstaunlich, weil immer wieder auf die Wichtigkeit des Tastaturschreibens in einer technisierten Welt hingewiesen wurde und sich die Debatten in jeder neuen Generation zu wiederholen scheinen. So war beispielsweise bereits Gillmon (1991) der Ansicht, dass ein strukturiertes Training im Tastaturschreiben Teil des Lehrplans in Schulen sein sollte. Die Autorin bezog sich damals jedoch noch auf den Mittelschulbereich hatte aber explizit nicht mehr die Schreibmaschine im Sinn, sondern ihr ging es um die Eingabe von Daten, welche für eine technisch hochentwickelte Gesellschaft unabdingbar seien.

Die Fraktion der „Sorglosen“ geht ausserdem davon aus, dass ausreichende Kompetenzen im Tastaturschreiben in relativer kurzer Zeit innerhalb bestehender Zeitgefässe erreicht werden können oder diese bei den Schülerinnen oder Schülern aufgrund der weiten Verbreitung digitaler Geräte schon vorhanden seien.

Gezielte Instruktion des Tastaturschreibens

Die Gegenseite sieht dies anders. Sie hält das Tastaturschreiben für eine Kulturtechnik, welche im Zuge der Digitalisierung massiv an Bedeutung gewinnen werde. Ausserdem gehen sie basierend auf dem traditionell durchgeführten Tastaturschreibunterricht davon aus, dass der Aufbau entsprechender Kompetenzen nur mit einem vergleichsweise grossen zeitlichen Aufwand möglich ist. Allerdings kämpfen die Befürworter eines systematischen Tastaturschreibunterrichts gleich mit mehreren Schwierigkeiten und Behauptungen der Gegenseite.

Ziemlich trivial ist das Argument der Gegenseite, die Tastaturbefürworter hingen an den entsprechenden Lektionen, weil diese einfach zu erteilen seien und man dabei Zeitung lesen könnte. Eine solche Argumentation kann schnell widerlegt werden, weil einerseits ein solches Verhalten schlicht die Aufsichtspflicht der Lehrperson verletzt und Schülerinnen und Schüler wie bei jedem anderen Lernprozess Begleitung benötigen, damit sich nicht unnötig Fehler bei der Automatisierung einschleichen. Andererseits – wenn Schüler tatsächlich selbständig arbeiten können (eine wesentliche Forderung der Kompetenzorientierung) – die Lehrperson diese Zeit natürlich auch anderweitig sinnvoll für den Schulunterricht einsetzen kann, z.B. um Einzelgespräche mit Lernenden zu führen.

Schwieriger wird es schon beim „Sekretärinnen“-Argument, welches einmal abgesehen vom überholten Frauenbild, einer Überprüfung bedarf. Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass nicht alle Menschen später im Berufsleben eine Tastatur „ausreichend automatisiert“ bedienen können müssen. Dem wäre zu entgegnen, dass der Computer immer häufiger auch in als traditionell handwerklich angesehenen Berufen zum Einsatz kommt und vor allem in den Dienstleistungsberufen (wichtigster Wirtschaftssektor der Schweiz) längst zum Alltag gehört und häufig auch das Abfassen von längeren schriftlichen Berichten umfasst. Insbesondere aber wird das Tastaturschreiben in den höher qualifizierten Berufen eine unabdingbare Kompetenz. Man stelle sich einen Programmierer vor, dessen Programme nicht laufen, weil er laufend Tippfehler produziert. Kommt hinzu, dass die Schriftlichkeit durch die Digitalisierung auch im Alltag ausserhalb des Berufslebens an Bedeutung gewinnt.

Die Wichtigkeit des Tastaturschreibens wird nicht nur im Hinblick auf die Berufslehre und spätere Tätigkeit als wichtig angesehen, sondern gilt auch als Voraussetzung für ein erfolgreiches Durchlaufen einer Mittelschule und eines Studiums, denn wie Gabroswski (2008) völlig richtig bemerkt, haben mit Maschine geschriebene Texte an Mittel- und Hochschulen eine lange Tradition, welche der breiten Einführung von Computern vorausgeht (S. 28).

Anzumerken ist an dieser Stelle auch, dass längere Texte, welche nicht an einem Computer geschrieben wurden, zumindest im professionellen Bereich zumindest in den letzten über 30 Jahren wohl nur noch eine Randerscheinung sein dürften. Das Schreiben von Texten auf einer Computertastatur ist also eine Tradition, die bereits weit mehr als eine Generation umspannt.

In dieser Hinsicht ist Schrackmann (2011, S. 22) im ICT-Bericht des Kantons Schwyz interessant (S. 22):

„Je früher Schülerinnen und Schüler das richtige Schreiben auf dem Computer lernen, desto weniger Haltungskorrekturen werden später notwendig und desto grösser wird der Nutzen beim Einsatz der Computer in den nachfolgenden Klassen. Zugleich würde die Informatiklektion in der 1. Klasse der Sekundarstufe I nicht mehr zu einem grossen Anteil durch das Tastaturschreiben besetzt. Mit Schreiben von Texten am Computer könnte früher und effizienter begonnen werden. Heute bleibt die Texteingabe aufgrund des fehlenden Zehnfingersystems häufig langwierig und zeitintensiv.“

Allgemeiner formulieren dies Grabowski, Blabusch & Lorenz (2007, S. 52):

„Durch die Erhöhung der Schreibgeschwindigkeit bei kompetenter Tastaturbenutzung wird die grapho-motorische Exekution wieder enger an die hierarchiehöheren Prozesse geknüpft.“

Eine Automatisierung grundlegender Kompetenzen führt also dazu, dass sich die Aufmerksamkeit des Lernenden auf eine höhere Ebene der Textgestaltung verlagern kann, statt nach Buchstaben zu suchen, kann sich der Lernende nun darauf konzentrieren, den treffenden Begriff zu verwenden oder die Satzkonstruktion dem Fluss der eigenen Argumentation oder Beschreibung anzupassen.

Von der Einführung eines systematische Tastaturschreibunterrichts auf der Primarschule verspricht man sich also einen nachhaltigen Zeitgewinn auf den Folgestufen. Und auch in Bezug auf den wirtschaftlichen Nutzen eines solchen Unterrichts, verwendet der Bericht deutliche Worte (Schrackmann 2011, S.22):

„Sicher ist, dass die effiziente Texteingabe in unserer Informationsgesellschaft weiter an Bedeutung gewonnen hat. Geläufiges Tastaturschreiben ist nicht nur für die kaufmännische Lehre unentbehrlich, sondern wird auch in allen übrigen weiterführenden Schulen vorausgesetzt und stellt auch in vielen Berufen eine wichtige Kompetenz des Arbeitens am Computer dar.“

Wo bringt man das Tastaturschreiben unter?

Anerkennt man einmal, dass ein entsprechend automatisiertes Tastaturschreiben von Bedeutung ist, stellt sich die Frage, wo dieses durchgeführt werden kann. Im Zyklus 2 ist dies an den meisten Schulen bisher kaum möglich, da die Ausstattung mit Computern häufig mangelhaft ist und moderne Primarschulen zumeist auf Tablets setzen, welche nur über eine virtuelle und damit für das Tastaturschreiben ungeeignete Ausstattung verfügen. Auf dem Zyklus 3 stehen drei Gefässe zu Verfügung:

  1. Tastaturschreiben als Hausaufgabe
    Dies wird bereits an den meisten Schulen praktiziert, welche über entsprechende Lernangebote verfügen, ist aber für den Lernerfolg nicht ausreichend. Denn nicht wenigen Schülerinnen und Schülern fehlt es ohne entsprechende Anleitung an der Motivation dazu und sich einschleichende Fehler können damit kaum korrigiert werden.
  2. Tastaturschreiben im Fach Informatik
    Diesen Weg sind viele Schulen bereits gegangen, durch die Anforderungen des Lehrplans 21 müssen nun aber zusätzliche Inhalte abgedeckt werden, was entweder zu einer Reduktion beim Tastaturschreiben oder aber einer Vernachlässigung obligatorischer Lehrplaninhalte führt.
  3. Tastaturschreiben im Fach Deutsch
    Das Fach Deutsch hat über alle Schulstufen gesehen in den letzten Jahre eine nicht unwesentliche Reduktion hinnehmen müssen, die sich bereits jetzt spürbar auf die Deutschkompetenz der Schülerinnen und Schüler auswirkt. Eine weitere Reduktion durch zusätzliche Anforderungen kann diese Situation nicht verbessern. Und es dürfte auch schwierig sein, hier einen Sachbezug zu finden, denn beim Tastaturschreiben geht es um einen Automatisierungsprozess und nicht in erster Linie um Deutschkompetenzen.
  4. Tastaturschreiben als Freifach
    Der Lehrplan 21 und die damit verbundene Stundentafel hat das Erteilen von Freifächern (Gesamtbelastung) der Lernenden grundsätzlich erschwert. Und wenn Tastaturschreiben als Freifach angeboten wird, stellst sich natürlich auch wieder die Frage nach dem „Sekretärinnen“-Argument.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass gerade in einer Zeit, in welcher die Wichtigkeit der Digitalisierung gesellschaftlich anerkannt wird, zumindest bei Schulen, welche diesen Bereich bisher vorbildlich gepflegt haben, ein Abbau bei einer Kernkompetenz im Umgang mit der Digitalität stattzufinden droht. Dies geschieht, weil bei der Planung des Lehrplans 21 in gut helvetischer Manier entsprechende Kompromisse ausgehandelt werden mussten und auch weil schlichtweg das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Anliegens und der damit verbundenen Konsequenzen fehlt. Insbesondere Schulen, welche die Digitalisierung noch gar nicht angegangen, geschweige denn umgesetzt haben, zeigen in dieser Hinsicht wenig Verständnis. So lange Texte vor allem mit dem Füller auf Papier gebracht werden, ist das Tastaturschreiben verständlicherweise kein Thema. Wo die Digitalisierung weit fortgeschritten ist, schätzt man die Lage anders ein. Das Schreiben von längeren Texten an Computer wird für Schülerinnen und Schüler zu einer Qual, wenn sie nicht über zumindest grundlegende Kompetenzen im Tastaturschreiben verfügen. Ohne entsprechende Automatisierung wird das Schreiben solcher Texte verunmöglicht, weil sowohl das Arbeitsgedächtnis als auch die Aufmerksamkeitsspanne überfordert werden, wenn Schülerinnen und Schüler im Adlersystem nach einzelnen Buchstaben auf der Tastatur suchen müssen. Die Folge sind dann abgebrochene Gedankengänge, verlorene Formulierungen und unzusammenhängende Abfolgen von Sätzen. Noch drastischer wirkt sich die fehlende Kompetenz an der Tastatur im eigentlich Informatikunterricht aus. Die Lernenden sind nicht in der Lage innert nützlicher Zeit kleine Programme im informatorischen Unterricht zu schreiben, weil diese aufgrund der vielen Tippfehler erst gar nicht vom Computer verstanden werden können. Zwar kann dieser Umstand mit blockbasierten Programmiersprachen umgangen werden, zumindest einige Lehrmittel setzen aber stark auf die textbasierte Programmierung und diese ist dann auch im Berufsleben von weit grösserer Bedeutung als blockbasierte Sprachen.

Um diese vertrackte Situation zu klären, bedarf es der Absprachen zwischen den Zyklen 2 und 3, insbesondere auch deshalb, weil im Zyklus 2 für die informatorischen Kompetenzen entsprechend Lektionen gesprochen wurden und man sich zurecht die Frage stellen sollte, wozu diese zusätzlichen Zeitfenster am sinnvollsten eingesetzt werden sollten.

Fragestellungen zum Tastaturschreiben

Auf dem Weg zu einer Antwort stellen sich weitere Fragen:

  • Welche Lehrpersonen (der Zyklen 2 und 3) verfügen über entsprechende Erfahrungen mit dem Tastaturschreiben? Respektive: Gibt es einen entsprechenden Ausbildungsbedarf und wie schnell kann dieser befriedigt werden?
  • Welche Methodik führt bei den meisten Schülerinnen und Schülern in möglichst kurzer Zeit zu einer möglichst hohen Kompetenz im Tastaturschreiben ohne später zu Komplikationen zu führen?
  • Ab welchem Alter sind Lernende überhaupt in der Lage innerhalb einer nützlichen Frist das Tastaturschreiben in ausreichendem Masse zu automatisieren und in welchen Abständen müssen die entsprechenden Fertigkeiten erneut erübt werden (falls sie sich nicht als Selbstläufer entpuppen).

Kompetenz der Lehrpersonen zur Erteilung des Tastaturschreibunterrichts

Laut einer Studie der PH Zentralschweiz (Petko & Graber 2010, S. 15) hat nur eine Minderheit der Lehrpersonen der Sekundarstufe I „schon einmal mit Lernenden Tastaturschreiben geübt (38 %)“. Im gleichen Bericht ist auch die Rede davon, das Tastaturschreiben im Fach Medien und Informatik anzusiedeln (ebd. S. 24). Allerdings scheint zumindest auf der Primarstufe eine Vermittlung des Tastaturschreibens ohne aufwändige Schulung von Lehrpersonen möglich zu sein (Schrackmann 2011, S. 10).

Methodik des Tastaturschreibens

Zwar gibt es unterdessen verschiedene Lernprogramme zum Tastaturschreiben. Welches davon auch welcher Schulstufe bei den meisten Schülerinnen und Schülern zu einem möglichst raschen Lernfortschritt führt, scheint aber entweder unklar zu sein oder aber die Unterschiede zwischen den einzelnen Programmen sind derart klein, dass sie keine grosse Rolle spielen.

Die meisten Programme zur Einführung des Tastaturschreibens scheinen auf drei Strategien zu basieren (Zeitz 2016, S. 6-9 und Bussinger-Sgier, Greisler-Reinhard & Sager 2010):

  • Antrainieren der richtigen Körperhaltung vor der Tastatur:
    Dazu gehört die richtige Platzierung der Finger auf der Tastatur ebenso, wie eine insgesamt günstige Körperhaltung mit einer günstigen Anwinkelung der Arme usw.
  • Lernen der Position der einzelnen Tasten (Buchstaben)
    Durch einen sorgfältigen Aufbau wird die Motorik so trainiert, dass einzelne Tasten nicht nur gezielt gefunden werden, sondern dass dabei auch ein entsprechender Rhythmus entwickelt wird, welcher weitere Automatisierungsprozesse unterstützt.
  • Aneignen von geläufigen Buchstabenkombinationen
    In einem weiteren Automatisierungsschritt werden typische Kombinationen von Buchstaben (welche sich von Sprache zu Sprache stark unterscheiden können) in Bewegungsabläufen zu sogenannten „chunks“ zusammengefasst. Dieser Schritt der Automatisierung ist Voraussetzung für ein flüssiges Schreiben, welches es den Lernenden erlaubt, nicht nur Text zu produzieren, sondern diese Produktion auch fortlaufend zu evaluieren und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen.

Da es beim Tastaturschreiben wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler auf den Bildschirm und nicht auf die Tastatur schauen, stellt sich die Frage nach der Verwendung von Abdeckungen im Unterricht. Gemäss Nichols (2004) kann die Verwendung von Abdeckungen zumindest bei Primarschülern zu einer Erhöhung der Tippgeschwindigkeit führen, soll aber keinen Einfluss auf die Genauigkeit haben.

In Bezug auf die Methodik des Tastaturschreibens gäbe es sicherlich noch Forschungsbedarf hinsichtlich der besten Reihenfolge, mit der einzelne Buchstabenkombinationen eingeführt werden sollten. Inwiefern ein entsprechendes Lehrmittel oder Lernprogramm einen Beitrag leistet, scheint momentan nicht abschätzbar zu sein. Hier täte sich ein ideales Forschungsfeld für PH-Studierende oder Dozierende auf.

Richtiges Alter für das Tastaturschreiben

Becker-Mrotzek (2007, S. 13) weist in „Im Deutschunterricht (neue) Medien sinnvoll nutzen“ darauf hin, dass die Frage, ab wann ein Tastaturschreibunterricht sinnvollerweise durchgeführt werden soll, nicht restlich geklärt sei:

„Keine eindeutige Antwort gibt es bislang auf die Frage, ob das Tastaturschreiben mit zehn Fingern schon in der Grundschule eingeführt werden soll. Spätestens in der Sekundarstufe I sollte ein solches Training jedoch möglichst breit angeboten werden, weil es die technische Seite der Textproduktion vereinfacht und beschleunigt.“

Damit klärt der Autor zumindest die Wichtigkeit des Tastaturschreiben für die Sekundarstufe I und gibt auch eine klare Empfehlung ab.

Mehr Informationen liefert hier einmal mehr die PH Schwyz in „ICT Strategie an den Volksschulen des Kantons Schwyz“ (Schrackmann 2011, S. 5). Im Kanton Schwyz soll das Tastaturschreiben bereits ab der 4. Klasse der Primarschule (also Zyklus 2) systematisch vermittelt werden. Der Bericht nennt im Gegensatz zum Lehrplan auch klare Gelingenskriterien für diesen Unterricht. So sollen die Lernenden mit mindestens 50 Anschläge pro Minute 10 Minuten lang mit weniger als 4 Fehlern produzieren können. In der Sekundarstufe 1 soll dann in einem optionalen Angebot ausserhalb des Informatikunterrichtes weiter bis auf 100 Anschläge pro Minute automatisiert werden.

Weiter empfiehlt der Bericht, den Tastaturschreibunterricht aufgrund der fehlenden Ausstattung im Rahmen des wöchentlichen Unterrichts individuell durchzuführen, wofür 15 Minuten pro Woche veranschlagt werden (S. 9). Ein durchgeführter Schulversuch habe gezeigt, dass ein Tastaturschreibunterricht bereits mit Lernenden ab 10 Jahren erfolgreich durchgeführt werden könne, da nach zwei Jahren fast die Hälfe der Schülerinnen und Schüler flüssig im Zehnfingersystem hätte schreiben können. (S. 10). Der Bericht nennt weitere interessante Ergebnisse und Schlussfolgerungen (S. 11), wovon einige zusammenfassend wiedergegeben werden sollen:

  • Schüler, welche mit dem Zehnfingersystem schreiben, könnten schneller tippen und schnelles Tippen sei Übungssache.
  • Das Tastaturschreiben werde von einer Mehrheit der Lernenden und Eltern als positiv erlebt.
  • Es brauche eine verbindliche Durchführung des Tastaturschreibens und möglicherweise sollte dieses bereits auf der Primarstufe auch bewertet werden.

In Bezug auf die Sekundarstufe I hält der Bericht fest, dass die „gegenwärtig vorgeschriebene Lektion in der ersten Klasse der Sekundarstufe I nicht genügt, damit alle Schülerinnen und Schüler die erwartete Fertigkeit im Tastaturschreiben erreichen und gleichzeitig die ICT-Anwendungskomptenzen … gemäss Lehrplan vermittelt werden können“ (S. 22). Berücksichtigt man den Umstand, dass der Lehrplan 21 im Fach „Medien und Informatik“ darüber hinausgehende Anforderungen an die Lerninhalte stellt und dafür eine Lektion zu Verfügung steht, kann man davon ausgehen, dass diese Aussage weiterhing Gültigkeit hat, insbesondere auch deshalb, weil sie exakt die Erfahrung von Lehrpersonen widerspiegelt, welche selbst im Rahmen einer Jahreslektion Tastaturschreiben auf der Sekundarstufe I unterrichten.

Während die eher theoretische Forschung die Frage nach dem idealen Alter für die Durchführung eines systematischen Tastaturschreibens noch immer als ungeklärt betrachtet, hat die Praxis gezeigt, dass es sinnvoll ist, möglichst früh damit zu beginnen, weil damit nicht nur das Antrainieren ungünstigen Automatismen verhindert werden kann, sondern auch die langfristigen Gewinne auf den Folgestufen beträchtlich zu sein scheinen.

Fazit

Wenn man keine fundamentalen Einwände gegen die Digitalisierung unserer Gesellschaft mit all ihren Vor- und Nachteilen hat, dann muss man die Wichtigkeit der Kulturkompetenz Tastaturschreiben anerkennen, weil sie nicht nur (fast) alternativlos geworden ist, sondern in vielen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielt und sich dies wohl auch in absehbarer Zukunft trotz aller technischen Entwicklungen nicht ändern dürfte.

Mit der zunehmenden Durchdringung der Volksschule durch digitale Produkte sieht sich diese mit Fragen konfrontiert, welche noch vor 30 Jahren vor allem für Mittelschulen und Universitäten von Bedeutung waren. Damit geht eine Verlagerung der Kulturtechnik Tastaturschreiben auf die Stufe der Volksschule einher. Der bisher schon an vielen Schulen der Sekundarstufe I umgesetzte Tastaturschreibunterricht gerät durch die Anforderungen des Lehrplans 21 zunehmend unter Druck. Und da eine Vernachlässigung einer solch zentralen Kulturtechnik wie das Tastaturschreiben im Zeitalter der vorherrschenden digitalen Technik nicht akzeptabel ist, folgt daraus notwendigerweise eine Teilverlagerung dieses Unterrichts auf die Primarschule.

Glücklicherweise liegen bereits entsprechende Erfahrungen vor, welche in aller Deutlichkeit zeigen, dass eine systematische Instruktion des Tastaturschreibens auf der Primarstufe nicht nur machbar ist, sondern mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln auch erfolgreich umgesetzt werden kann und zudem auf allen Folgestufen zu positiven Effekten führt, welche weitere für eine digitale Gesellschaft wichtige Lernschritte erleichtern oder erst gar ermöglichen.

Quellen

Becker-Mrotzek (2007). Im Deutschunterricht (neue) Medien sinnvoll nutzen.
https://www.researchgate.net/profile/Michael_Becker-Mrotzek/publication/273751639_Im_Deutschunterricht_neue_Medien_sinnvoll_nutzen/links/5509f41d0cf20ed529e23419/Im-Deutschunterricht-neue-Medien-sinnvoll-nutzen.pdf

Bussinger-Sgier, Greisler-Reinhard & Sager (2010). Tastaturschreiben. Verlag SKV

Gabrowski (2008). The internal structure of university students’ keyboard skills. Journal of Writing Research
https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.674.3490&rep=rep1&type=pdf

Grabowski, Blabusch & Lorenz (2007). Schreibkompetenz modellieren. In Becker-Mrotzek & Schindler „Texte schreiben“. Gilles & Francke
https://kups.ub.uni-koeln.de/8218/1/Koebes52007.pdf

Gillmon (1991). Keyboard Proficiency: An Essential Skill in a Technological Age. City Technology Colleges Trust
https://files.eric.ed.gov/fulltext/ED348557.pdf

Günther, Bredel & Becker-Mrotzek (2007). Texte schreiben. In Becker-Mrotzek & Schindler „Texte schreiben“. Gilles & Francke
https://kups.ub.uni-koeln.de/8218/1/Koebes52007.pdf

Lehrplan Volksschule Thurgau: https://tg.lehrplan.ch

Nichols (2004). Learning to keyboard. Does the use of keyboard covers make a difference? Information Technology in Childhood Education Annual
https://www.learntechlib.org/p/5209/

Petko & Graber (2010). ICT Unterricht der Sekundarstufe I. Bericht zur empirischen Bestandsaufnahme. PH Zentralschweiz
https://www.sz.ch/public/upload/assets/11019/ICT-SekI_2010.pdf

Schrackmann (2011). ICT-Strategie an den Volksschulen des Kantons Schwyz. ICT-Strategiekommission des Kantons Schwyz
https://www.sz.ch/public/upload/assets/11248/AVS-Schwyz_ICT-Strategie-Volksschulen.pdf

Zeitz (2016). Type to Learn. Research-based keyboarding instruction for the 21st century. University of Northern Iowa
https://typetolearn.sunburst.com/TTL_whitepaper.pdf