Dieses Kapitel beschreibt die Krankheitsbilder, welche von den verschiedenen Plasmodienarten des Menschen verursacht werden. Spezielles Gewicht wird dabei auf die am häufigsten auftretende Malaria tropica gelegt, die bei falscher oder zu später Behandlung zum Tod führen kann.
4.1. Allgemeine Merkmale der Erkrankung
- 4.1.1. Veränderungen der
Milz
- 4.1.2. Weitere Veränderungen
4.2. Grundlegende
Mechanismen der Malaria
- 4.2.1. Verlauf der Infektion
- 4.2.2. Fieberschübe
- 4.2.3. Veränderungen
der Erythrozyten
4.3. Malaria quartana
- 4.3.1. Rezidive (recrudescence)
- 4.3.2. Nierenversagen
4.4. Malaria tertiana
- 4.4.1. Rezidive (relapse)
4.5. Malaria tropica
- 4.5.1. Malaria maligna
-- 4.5.1.1. Anämie (Blutarmut)
-- 4.5.1.2. Hypoglykämie (Absinken
des Blutzuckerspiegels)
-- 4.5.1.3. Nierenversagen
-- 4.5.1.4. Schwarzwasserfieber
-- 4.5.1.5. Zerebrale Malaria
- 4.5.2. Immunität
gegen Plasmodium falciparum
4.6. Malaria in der Schwangerschaft
- 4.6.1. Untypischer Verlauf
4.7. Malaria bei Kindern
- 4.7.1. Zerebrale Malaria
in Kindern
- 4.7.2. Wichtigster
Unterschied einer Malaria maligna zwischen Kindern und Erwachsenen
4.8. Zusammenfassung
der Erscheinungsformen
- 4.8.1. Vier wichtige Punkte
Malariaerkrankungen sind für geschätzte 2.3% aller Krankheitsfälle weltweit und für 9% in Afrika verantwortlich, wobei schwangere Frauen und Kleinkinder die Hauptrisikogruppen darstellen. Die Malaria gehört damit zu den wichtigsten Infektionskrankheiten überhaupt. [WHO, 1997, S. 41] Im Gegensatz zu Tuberkulose und AIDS kann Malaria durch die rechtzeitige Verabreichung der entsprechenden Medikamente relativ einfach behandelt werden. Todesfälle sind zumeist die Folge einer zu späten oder ganz ausbleibenden Behandlung.
Da Malaria eigentlich eine Sammelbegriff für Infektionen durch
Erreger der Gattung Plasmodium ist, und
diese den menschlichen Organismus auf unterschiedlichste Weise schädigen
können, ist die Beschreibung eines eindeutigen Krankheitsbildes schwierig.
Deshalb werden an dieser Stelle sowohl die allgemeinen
Merkmale einer Erkrankung erläutert, als auch die speziellen Erscheinungsformen
der Malaria quartana, Malaria
tertiana, Malaria tropica und Malaria
maligna beschrieben. Auf die Malariainfektion während einer Schwangerschaft
oder bei Kindern wird speziell eingegangen.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Nach einer Inkubationszeit, die je nach Erreger normalerweise zwischen 1-2 Wochen (Plasmodium falciparum, Plasmodium ovale und Plasmodium vivax) oder 4-5 Wochen (Plasmodium malariae) beträgt, sich manchmal aber auch mehrere Monate und bei der prophylaktischen Einnahme von Medikamenten wie Chloroquin auf mehrere Jahre ausdehnen kann, kommt es zum Ausbruch der Krankheit.
Bevor die ersten Malariaanzeichen auftreten fühlen sich Patienten normalerweise matt, entwickeln Kopfschmerzen und leiden an Appetitverlust. Bei teilimmunen Personen kann dieser Zustand über mehrere Tage oder Wochen anhalten. Weitere Anzeichen sind Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, gelegentlich auch Darmbeschwerden. Dann tritt zuerst unregelmässiges, nach einer Woche und bei einem Befall durch Plasmodium vivax, Plasmodium ovale oder Plasmodium malariae regelmässig auftretendes Fieber auf. In dieser Phase treten abwechselnd Schüttelfrost und Fieberschübe bis zu 40° C oder mehr auf. Starkes Schwitzen tritt vor allem bei Erkrankten mit Mehrfachinfektionen, bei einem Rückfall oder bei teilimmunen Personen auf.
Bei fachgerechter Behandlung mit dem richtigen Medikament, oft in Kombination mit einem fiebersenkenden Mittel, klingen die Symptome meist innert weniger Stunden ab und hinterlassen typischerweise keine Folgeschäden.
Oft wird eine Behandlung aber nicht rechtzeitig durchgeführt, da teilweise die dafür benötigten Mittel fehlen, und bei der Malaria tropica eine Fehldiagnose in nicht endemischen Ländern vorkommen kann. Fehldiagnosen sind dabei nicht nur auf mangelndes Wissen der untersuchenden Ärzte zurückzuführen, sondern auf die Tatsache, dass die Symptome der Malaria einem weiten Spektrum anderer Infektionskrankheiten gleichen können.
Wird die Malaria innert fünf Tagen nicht ausreichend oder gar nicht behandelt, kann es zu einem späteren Rückfall oder Komplikationen kommen. In Einzelfällen treten Komplikationen auch bereits früher auf. Dauert die Infektion länger an, vergrössert sich die Milz und verhärtet sich teilweise (Splenomegalie). Ein ähnliches Schicksal erleidet die Leber, insbesondere dann, wenn sich die Erkrankten ungenügend ernähren. Auch Knochenmark, Gehirn und andere Organe können Veränderungen erfahren. Der Tod tritt ein, wenn lebenswichtige Organsystem wie Gehirn, Niere, Leber oder Lunge ihre Funktion gleichzeitig oder nacheinander einstellen. Aus diesem Grund gilt in tropischen Ländern oder nach einer Reise in die Tropen immer die Faustregel: Fieber gleich Malaria — solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. [Edmundson, 1992; Knobloch, 1999]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Eine Milzvergrösserung ist eines der ersten Symptome einer Malariainfektion. Die Veränderung kann unter Umständen schon während des ersten Fieberschubes mit der Hand ertastet werden und ist eine Folge der erhöhten Aktivität dieses Organs. Nach der Behandlung der Infektion schwillt die Milz normalerweise innerhalb von zwei Wochen wieder ab.
Eine massive Vergrösserung der Milz, auf 2000 - 4400 g, als Folge einer Überreaktion des Immunsystems auf wiederholte Malariainfektionen, das sogenannte Tropische Splenomegaliesyndrom, wird bei Erwachsenen endemischer Malariagebiete häufig beobachtet und gilt als klassischen Malariasymptom, kann aber auch durch eine Reihe von anderen Krankheiten verursacht werden. Die zur Vergrösserung der Milz führende Ursachenkette beruht auf einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Komponenten des menschlichen Immunsystems, an deren Ende einer Blockierung der Nierenkapillaren steht, und beeinflusst auch die Leber. Normalerweise nimmt die Krankheit einen gutartigen Verlauf, kann aber besonders im Zusammenhang mit einer schweren Anämie (Blutarmut) zu Herzversagen und sekundären Infektionen der Haut oder des Atmungssystems durch Bakterien führen. [Kakkilaya-6; Kakkilaya-11; Kayser, 1998, S. 537]
Neben der langsamen Vergrösserung der Milz kann es, besonders bei einer Plasmodium vivax Infektion, weniger häufig durch Plasmodium falciparum, zu einer sehr raschen Vergrösserung der Milz kommen, die in einem Milzriss resultiert. Eine derartige Milzvergrösserung kann auch bei einer geringen Parasitendichte (50/µl) erfolgen und ist selten die Folge einer chronischen Malaria. Patienten mit einem Milzriss leiden oft an Schmerzen im Bauchbereich, die bis in die Schulter ausstrahlen können, aber auch an Fieber und eine ganze Reihe von weiteren auch durch die Malaria verursachten Symptomen. Da ein Milzriss in diesem Zusammenhang oft übersehen wird, führt er in rund 80% der Fälle zum Tod. [Kakkilaya-7]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Das Anschwellen der Leber ist weiteres frühes Anzeichen einer Malariaerkrankung, das meist nach dem ersten Fieberschub auftritt. Die Überschwemmung der Leber durch Bilirubin, einem Abbauprodukt von Hämoglobin, sowie mit parasitierten Erythrozyten führen zu einer Überforderung der stationären Lymphozyten der Leber, den Kupfferzellen, und bei einer schweren Infektion zum kleinräumigen Absterben von Lebergewebe. Nicht selten tritt als Folge der Leberfunktionsstörung eine Gelbsucht auf. In Gebieten mit hohem Malariarisiko ist eine Plasmodiuminfektion die häufigste Ursache für eine Gelbsucht. [Kakkilaya-8; Kakkilaya-11]
Eine unspezifische Unterdrückung der humoralen und zellulären Immunität kann besonders bei chronischer Malaria auftreten und die Schwere des Verlaufs anderer Infektionen, z. B. Masern oder Tuberkulose beeinflussen. Diese Veränderungen sind möglicherweise auch für das gehäufte Auftreten des sonst seltenen Burkitt-Lymphoms in Malariaendemiegebieten verantwortlich. [Hahn, 1999, S. 771]
Auch der Magen-Darmtrakt wird durch die Malaria in Mitleidenschaft gezogen. Die Aufnahme von Nährstoffen wird vermindert — nicht aber diejenige von Malariamedikamenten —, und die Anfälligkeit für eine vom Darm ausgehenden Bakterieninfektion steigt.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Alle primären Symptome der Malaria sind eine Folge der ungeschlechtlichen Vermehrung der Erreger im Blut. Die Leberstadien der Malariaerreger und auch die sexuellen Formen des Parasiten im Blut haben keine bekannte pathogene Wirkung. Am Anfang der Erkrankung steht die Zerstörung einer mehr oder minder grossen Zahl von Erythrozyten, das Austreten der Parasiten und des Inhalts der zerstörten Erythrozyten in die Blutbahn und die darauf einsetzende Immunabwehr des Körpers. Einzige Ausnahme sind die durch Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria tropica, hervorgerufenen Behinderungen des Blutflusses in den Kapillaren. Die folgenden Abschnitte sollen die verschiedenen Stadien der Infektion aufzeigen.
Eine Malariainfektion beginnt mit dem Eindringen des Erregers in die Blutbahn des Menschen. Meist ist die Ursache dafür eine Anophelesmücke welche Blut an ihrem Opfer saugt. Selten kommt es zu einer kongenitalen Infektion, d.h. während einer Schwangerschaft überträgt sich die Infektion von der Mutter auf den Fötus. Auch die Infektion über eine Bluttransfusion ist möglich. In allen Fällen dringen die wenigen, auch Sporozoiten genannte Parasitenformen — in der Regel nicht mehr als 10 — zuerst in die Leber ein. In der Leber wächst die nun als Leberschizont bezeichnete Parasitenform rasch heran und teilt sich schliesslich in 2'000-30'000 neue Erreger, die Merozoiten, welche in den Blutstrom entlassen werden und dort die Erythrozyten befallen. Handelt es sich um die erste Infektion mit einem Malariaparasiten, kommt es in diesem Stadium zu keiner Immunabwehr des Körpers. Die in den Erythrozyten befindlichen Merozoiten nehmen an Grösse zu und spalten sich in 6 - 36 neue Merozoiten auf, die nun wiederum neue Erythrozyten befallen. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals. Bei der Malaria tropica kann sich die Zahl der im Blut befindlichen Parasiten bei jedem Zyklus um das Zehn- bis Zwanzigfache vermehren.
Während den ersten Vermehrungszyklen treten keine bemerkbaren Symptome auf. Normalerweise können die Parasiten aber am elften Tag der Infektion im Blut nachgewiesen werden. In einen Mikroliter (1µl = 1mm3) Blut finden sich dann 20 bis 50 Parasiten. Zu diesem Zeitpunkt können beim Patienten die ersten Anzeichen eines allgemeinen Unwohlseins auftreten. Der erste Fieberschub folgt in der Regel etwa zwei Tage später. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich rund 100 Millionen Parasiten im Blut des Opfers. Dabei kann die Parasitendichte zwischen 20-20'000 pro µl Blut schwanken. Teilimmune Personen können 10'000 Parasiten pro µl Blut aufweisen, ohne Krankheitssymptome zu zeigen.
Schema einer Malariainfektion [nach Crutcher]
Irgendwann zu diesem Zeitpunkt beginnt die körpereigene Abwehr zu greifen: Die Vermehrungsrate der Parasiten wird gebremst und die Parasitendichte stabilisiert sich bei 10'000 - 100'000 Erregern pro µl Blut. Bei Plasmodium falciparum kann die Zahl der Erreger allerdings noch weiter, bis über eine Million pro µl Blut ansteigen und schliesslich zu einem Befall von bis zu 60% aller Erythrozyten führen. Wird die Infektion nicht behandelt schwankt die Zahl der Parasiten im Rhythmus des Befalls und der Zerstörung der Erythrozyten. Überlebt der Patient kommt es zu einer natürlichen Verringerung der Parasitenzahl, die aber erst nach Wochen oder Monaten unter die Nachweisgrenze fällt. [Sherman, 1998, S. 371-372]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Bei Plasmodium malaria, Plasmodium ovale und Plasmodium vivax werden die jeweils in den Erythrozyten gebildeten neuen Merozoiten meist synchron innerhalb von zwei Stunden in den Blutstrom entlassen. Durch die Freisetzung der Merozoiten und die Zerstörung der Erythrozyten wird Glykolipidmaterial ausgeschüttet, was Makrophagen und Monozyten zur Produktion von Zytokinen wie dem Tumornekrose-Faktor (TNF) und Interleukinen (IL-1, IL-6, IL-8) stimuliert. Diese Substanzen stimulieren einerseits Leukozyten und andere Zellen zur Abtötung der Parasiten, lösen aber andererseits einen Fieberschub aus, der als klassisches Zeichen der Malaria gilt. [Kayser, 1998, S. 537]
Besonders bei Plasmodium falciparum, aber auch bei den anderen Arten kann es zu Überlagerungen verschiedener solcher Zyklen kommen, da teilweise Mehrfachinfektionen vorliegen, wodurch sich die einzelnen Fieberschübe nicht mehr so deutlich voneinander unterscheiden lassen. In etwa 3 - 4% der Fälle treten Infektionen mit verschiedenen Arten auf, die das Bild zusätzlich komplizieren. [Kayser, 1998, S. 537; Sherman, 1998, S. 371-372] Die klassischen Fieberkurven der einzelnen Malariatypen sind in den jeweiligen Abschnitten, Malaria quartana, Malaria tertiana und Malaria tropica wiedergegeben.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Wie schwer eine Erkrankung ausfällt hängt von der Art des Parasiten ab, dessen Eigenschaften und der Immunabwehr des betroffenen Menschen. Die Zahl der Parasiten im Blut hingegen scheint nur sehr bedingt einen Einfluss auf die Krankheit zu haben — ausser bei Plasmodium falciparum, das einen sehr grossen Teil der Erythrozyten infizieren kann. Neben den Problemen die sich für den Infizierten aus der gleichzeitigen Zerstörung einer grossen Zahl von Erythrozyten ergeben, spielen Veränderungen der Erythrozyten selbst eine Rolle. [Sherman, 1998, S. 372-375]
Durch das Wachstum des Parasiten innerhalb des Erythrozyten verformt sich dieser zu einer immer kugelförmigeren Gestalt, ausserdem verliert die Zelle einen Teil ihrer Flexibilität. — Ein normaler Erythrozyt, der einen Durchmesser von 7 - 8 µm aufweist, muss sich in hohem Masse verformen, um durch die teilweise nur 5 µm weiten Kapillaren des Körpers zu gelangen. — Die verminderte Flexibilität führt also zu einer Behinderung des Blutflusses im ganzen Körper. Mit Plasmodium falciparum infizierte Erythrozyten, erfahren zusätzliche Veränderungen, die zu einer erhöhten Klebrigkeit gegenüber den Wänden der Kapillaren und gegenüber anderen Erythrozyten, ob infiziert oder nicht, führen. Eine dadurch resultierende Verstopfung der Kapillaren kann den Blutfluss soweit vermindern, dass Teile eines Gewebes absterben, und schliesslich der Organtod eintritt. [Sherman, 1998, S. 375]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die Malaria quartana wird durch eine Infektion mit Plasmodium malariae verursacht und macht rund 7% aller weltweiten Malariafälle aus. Zum Ausbruch der Krankheit kommt es normalerweise nach einer Inkubationszeit von 4 - 5 Wochen. Nach einigen unregelmässigen Fieberzyklen, treten die Fiebermaxima alle 72 Stunden auf. Da Plasmodium malariae bevorzugt alte Erythrozyten befällt und die Parasitendichte deshalb selten über 10'000 Erreger pro µl ansteigt, weniger als 1% der Erythrozyten werden befallen, sind Todesfälle durch Malaria quartana selten. [Edmundson, 1992; Knobloch, 1999]
In der Fieberkurve wird die Körpertemperatur gegen die Zeit
in Stunden aufgetragen. [nach Sägesser]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Obwohl Plasmodium malariae im Gegensatz zu den Erregern der Malaria tertiana keine Ruhestadien in der Leber bildet, kann es Jahre, manchmal Jahrzehnte später zu einem erneuten Aufflammen der Infektion kommen. Verantwortlich dafür sind einzelne Erreger im Blut, denen es gelingt, der Immunabwehr des Körpers zu entkommen. [WHO, 1987, S. 21]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Eine vor allem bei Kindern häufig beobachtete Komplikation mit schlechter Prognose ist eine chronische Verminderung der Nierenfunktion (Glomerulonephritis), die auf eine Ablagerung von Immunkomplexen, wie Plasmodienantigen, Immunglobulinen und Komplementkompenenten, in den für die Blutreinigung verantwortlichen Gefässen beruht. Normalerweise tritt ein Teilversagen der Nieren im Alter von etwa 15 Jahren auf. [Brandis, 1994, S. 665; Hahn, 1999, S. 771; Kayser, 1998, S. 536; Kakkilaya-7]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die Malaria tertiana wird durch eine Infektion mit Plasmodium vivax (43% aller Malariaerkrankungen), selten durch Plasmodium ovale (ca. 1% aller Malariaerkrankungen) verursacht. Nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Wochen entwickelt sich ein regelmässiger Fieberzyklus, der drei unterschiedliche Phasen aufweist: In der "kalten" Phase folgt auf Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Erbrechen und Rückenschmerzen, ein Schüttelfrost, der eine halbe bis zwei Stunden andauern kann. Die "heisse" Phase ist durch eine halb- bis vierstündige Fieberphase gekennzeichnet, bei der die Körpertemperatur auf 30 - 42° C ansteigen kann, und wird von rasch an- und abschwellenden Kopfschmerzen begleitet. In der "Schwitzphase" kommt es zu Schweissausbrüchen, und die Körpertemperatur sinkt auf den Normalwert zurück. Auf diese letzte Phase folgt eine fieberfreie Periode von rund 48 Stunden, in der sich der Patient wesentlich besser fühlt und möglicherweise sogar wieder arbeitsfähig ist. Danach beginnt der Fieberzyklus von vorne.
In der Fieberkurve wird die Körpertemperatur gegen die Zeit
in Stunden aufgetragen. [nach Sägesser]
Die Malaria tertiana führt nur selten zum Tod, da die beiden dafür verantwortlichen Erreger nur junge Erythrozyten befallen. Gefährdet sind vor allem kleine Kinder, die an einer durch diese Form der Malaria ausgelösten Blutarmut sterben können. In Erwachsenen ist eine durch Plasmodium vivax ausgelöste Gelbsucht nicht selten. Bei stillenden Müttern kann es zu einer Reduktion oder dem gänzlichen Versiegen der Brustmilch kommen — was unter Umständen das Todesurteil für den betroffenen Säugling bedeutet.
Im Gegensatz zu der Malaria tropica enthält das Blut von Malaria tertiana Patienten von Beginn an geschlechtsreife Formen des Parasiten. Weitere Ansteckungen im Umfeld des Patienten können deshalb schon nach weniger als drei Wochen erfolgen. Während Plasmodium vivax weltweit verbreitet ist, aber vor allem in Asien häufig zu einer Erkrankung führt, findet sich Plasmodium ovale nur in Westafrika und einigen Inseln im Pazifik. [Edmundson, 1992; Fernando, 1994; Kakkilaya-7; Lafferty-2; Malaria; Rietveld, 1996]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die beiden Erreger der Malaria tertiana können im Leberstadium im Gegensatz zu Plasmodium malariae und Plasmodium falciparum Wochen oder Monate ruhen, falls sie nicht mit Primaquin abgetötet werden. Die als Hypnozoit bezeichnete Ruheform ist eine Anpassung an das nur zeitweise Vorhandensein von Anophelesmücken in den gemässigten Zonen. Je nach Herkunft der Erreger dauert der "Winterschlaf" der Parasiten in der Leber unterschiedlich lang: Während er in tropischen Stämmen nur kurz dauert, können Erreger aus Korea weit länger "überwintern". In Deutschland sind Erkrankungen von türkischen Kindern in der Frühlingszeit bekannt, die auf eine Infektion ohne Erkrankung während den Sommerferien des Vorjahres vor allem in der Osttürkei zurückzuführen sind. Da die ruhenden Parasiten nicht gleichzeitig aktiv werden, kann es über einen Zeitraum von 3 - 5 Jahren immer wieder zu Rückfällen kommen, die ähnlich wie die Erstinfektion verlaufen. Da mit der Zeit immer weniger ruhende Parasiten vorhanden sind, nimmt die Häufigkeit der Rückfälle ab. [Mehlhorn, 1998, S. 113; Palum; WHO, 1987, S. 21]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die Malaria tropica, die für 50% der weltweiten Malariaerkrankungen verantwortlich ist, wird durch eine Infektion mit Plasmodium falciparum verursacht. Nach einer Inkubationszeit von 1 - 2 Wochen, treten die ersten Symptome auf, die sich bei falscher oder ausbleibender Behandlung innert Stunden oder Tagen zur lebensbedrohlichen Malaria maligna weiterentwickeln können. Unregelmässig auftretendes Fieber ist häufig, bleibt aber in einigen Fällen auch völlig aus. Die bei der Malaria tertiana auftretenden Fieberphasen sind weniger ausgeprägt, dafür sind Symptome wie Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und Erbrechen häufiger.
In der Fieberkurve wird die Körpertemperatur gegen die Zeit
in Stunden aufgetragen. [nach Sägesser]
Bei der Malaria tropica können auch nach zunächst erfolgreicher Therapie Frührückfälle innerhalb von Wochen auftreten (recrudescence), die auf sich in den Kapillaren der Tiefengewebe befindende Erreger zurückzuführen sind. Echte Rückfälle (relapse), wie etwa bei der Malaria tertiana treten bei der Malaria tropica nicht auf. Da in vielen Malariagebieten resistente Plasmodium falciparum Erreger existieren, kann ein Behandlungserfolg insbesondere bei der Verwendung von Chloroquin ausbleiben, das in den Tropen noch immer am meisten verwendete Antimalariamittel. In Europa wird die Malaria tropica bevorzugt mit Mefloquin behandelt, allenfalls wird auch Atovaquon-Proguanil oder Halofantrin eingesetzt. Bei möglichen Sekundarinfektionen durch Bakterien wird zusätzlich ein Antibiotikum verabreicht.
Die Malaria tropica ist deshalb gefürchtet, weil deren Erreger, im Unterschied zu den Erregern der anderen Malariaarten, Erythrozyten jeden Alters befallen kann. Steigt die Rate der befallenen Erythrozyten auf über 25% endet die Krankheit normalerweise auch bei medikamentöser Behandlung tödlich. Wird die Malaria tropica nicht behandelt und überlegt der Patient, kuriert die Infektion nach 7 - 9 Monaten aus. Reife Geschlechtsformen treten erst mehrere Tage nach dem Einsetzten der ersten Symptome auf, können aber nach erfolgreicher Behandlung noch bis zur drei Wochen im Blut der Patienten weiterleben und so nach 35 Tage nach der Erstinfektion für die Ansteckung weiterer Menschen sorgen. [Fernando, 1994; Gilles, 1991, S. 1; Knobloch, 1999; Lafferty-2; Rietveld, 1996; Tulane, 1998; WHO, 1987, S. 22]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die Malaria maligna, ist eine Komplikation der Malaria tropica und wird deshalb nur von Plasmodium falciparum ausgelöst. Die wichtigsten Veränderungen bei einer schweren Malariaerkrankung finden im blutbildenden System, der Milz und der Leber statt. Diese können, abhängig von Schweregrad der Erkrankung, Veränderungen in allen Organen des Körpers bewirken. Einige der Symptome können auch noch Wochen nach dem Abklingen der Infektion anhalten. Die wichtigsten Komplikationen sind: Anämie, Hypoglykämie, Nierenversagen und zerebrale Malaria.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Eine Blutarmut wird vor allem bei Kindern aus endemischen Gebieten häufig beobachtet. Während die Parasitämie (Parasitenrate im Blut) oftmals gering ist, lässt sich viel Malariapigment (Hämozoin) in den Monozyten und anderen phagozytischen Zellen nachweisen und der Hämatokritlevel kann bis auf 5 g pro 100 ml Blut absinken, weniger als ein Drittel des normalen Hämoglobingehaltes von Blut. Die Anämie tritt besonders häufig zusammen mit Zweitinfektionen durch Bakterien, Blutungen der Augennetzhaut oder einer Schwangerschaft auf. Durch die Anämie werden ohnehin bestehenden Mikrozirkulationsstörungen verschlechtert.
Da bei einer Plasmodium falciparum-Infektion 20 - 30% oder mehr der Erythrozyten von einem Parasiten befallen werden können, entwickeln sich diese Symptome unter Umständen sehr rasch. Die Abwehrreaktion des Körpers gegen diese Invasion führt dazu, dass auch nichtinfizierte Erythrozyten zerstört werden. Gleichzeitig werden mehr Erythrozyten in der Milz aus dem Blutkreislauf ausgeschieden, Veränderungen im Knochenmark führen zu einer geringeren Produktion von Blutzellen, und gewisse Malariamedikamente können zusätzlich den Zerfall der im Kreislauf befindlichen Erythrozyten fördern. Einige dieser Mechanismen können eine Anämie fortbestehen lassen, selbst wenn die Infektion längst besiegt ist.
Neben der Schädigung der Erythrozyten beeinflusst eine Plasmodium falciparum-Infektion auch die Häufigkeit anderer Blutzellen. Die Zahl der Leukozyten ist in den meisten Fällen normal oder liegt etwas tiefer. Eine erhöhte Leukozytenzahl ist die Folge einer hohen Parasitendichte oder einer sekundären Infektion durch Bakterien. Eine Reduktion der Leukozytenzahl ist entweder die Folge einer überaktiven Ausscheidung der Blutkörperchen durch die Milz oder der massiven Einwanderung von Leukozyten in die Milz. Eine Thrombozytopenie, die Verminderung der Plättchenzahl auf weniger als 150'000 / µl wird häufig beobachtet. Sinkt die Zahl der Thrombozyten zu weit ab, kann dies ein Anzeichen für anstehende innere Blutungen sein. [Gilles, 1991, S. 15-16, 31-32; Kakkilaya-11; NAP, 1996]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Hypoglykämie, d.h. ein Absinken des Blutzuckerspiegels ist eine der wichtigsten Symptome von Plasmodium falciparum-Infektionen. Am häufigsten tritt sie bei kleinen Kindern, Patienten die mit Chinin oder Chinidin behandelt wurden, sowie bei Schwangeren, insbesondere im Zusammenhang mit Unterernährung, auf. Im wesentlichen kann die Hypoglykämie drei Ursachen haben: 1. Einen gesteigerten Zuckerverbrauch, der auf den Verbrauch des Parasiten oder den beschleunigten Stoffwechsel des Patienten während eines Fieberschubes zurückzuführen ist. 2. Die fehlende Glukagonbildung der Leber aufgrund einer verringerten Funktionsfähigkeit der Leber. 3. Ein Anstieg der Insulinproduktion und damit des Blutzuckerabbaus durch Medikamente wie Chinin.
In Patienten die bei Bewusstsein sind, kann die Hypoglykämie von Angstsymptomen, Schweissausbrüchen, Erweiterung der Pupillen, schwerem und lautem Atmen, Kältegefühl, innerer Unruhe und weiteren Symptomen begleitet werden. Bei ausbleibender Behandlung können sich diese Symptome rasch zu zunehmendem Bewusstseinsverlust, Kämpfen schliesslich Schock und Koma verschlechtern. Tritt die Hypoglykämie gemeinsam mit schwerer Anämie, hoher Parasitendichte und Laktatazidose (Milchsäureüberschuss) auf, ist die Prognose schlecht. [Gilles, 1991, S. 17-18]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Akutes Nierenversagen im Zusammenhang mit Malaria maligna tritt fast nur bei Erwachsenen in etwa 0.1 - 0.6% der Fälle auf, die genauen Ursachen dafür sind nicht bekannt. Wahrscheinlich ist aber eine Kombination aus Nierenüberlastung durch die zahlreichen beim Zerfall der Erythrozyten freigewordenen Stoffe und eine Durchblutungsstörung aufgrund von durch infizierte Erythrozyten verstopfte Kapillaren, sowie die körpereigene Immunabwehr dafür verantwortlich. Akutes Nierenversagen ist normalerweise reversibel. [Kakkilaya-11] Heute weit weniger bedeutend aber wieder in der Zunahme begriffen ist das Schwarzwasserfieber.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
5.5.1.4. SchwarzwasserfieberSchwarzwasserfieber war eine bei den Europäern im Afrika der 30er und 40er Jahre dieses Jahrhunderts gefürchtete Begleiterscheinung der Malaria. Betroffen waren Personen die häufig Chinin einnahmen und an wiederholten Malaria tropica Infektionen litten. Schwarzwasserfieber äussert sich durch durch Erbrechen, kolikartigen Bauchschmerzen, dem Anschwellen von Leber und Milz, Schmerzen beim Wasserlassen und Urin, der eine dunkle, rotbraune Farbe annimmt.Verantwortlich für die Krankheit ist ein massiver Zerfall von Erythrozyten, der auf die Kombination von Chinin oder Artemisininderivaten, Malaria und einem Glukose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel zurückzuführen ist. Die Färbung des Harns wird durch das aus den Erythrozyten freigesetzte Hämoglobin bewirkt. Wird das Schwarzwasserfieber nicht intensiv-medizinisch behandelt, führt es innert kurzer Zeit durch Nierenversagen zum Tod. Mit dem Aufkommen neuer Medikamente in den 50er Jahren verschwand das Schwarzwasserfieber fast vollständig, ist aber unterdessen wieder aufgrund der wieder vermehrt verwendeten Chininbehandlung und der Verbreitung von Artemisininderivaten wieder in Zunahme begriffen. [Forth, 1992, S. 699; McConnwell, 1998; Sherman, 1998, S. 380; Süddeutsche Zeitung, 28.09.1999] |
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Zerebrale Malaria ist definiert als tiefe Bewusstlosigkeit, gleichzeitiger Plasmodium falciparum-Infektion und dem Ausschluss anderer Faktoren, wie beispielsweise einer Hirnhautentzündung. Eine zerebrale Malaria führt bei etwa 20% der Erwachsenen und 15% der Kinder zum Tod. Etwa 10% der überlebenden Kinder und 2% der Erwachsenen, die meist weitere Symptome einer schweren Malariaerkrankung aufwiesen, tragen bleibende Gehirnschäden davon.
Patienten mit zerebraler Malaria weisen komatöse Phasen auf, die meist länger als eine halbe Stunde andauern und häufig von krampfartigen Zuckungen begleitet werden. Allenfalls auftretende Blutungen in der Netzhaut des Auges (in etwa 15% der Fälle) weisen auf einen ungünstigen Krankheitsverlauf bei Erwachsenen hin. Weitere Symptome sind abnorme Bewegungen der Augen, krampfartig geschlossener Mund mit gleichzeitigem Reiben der Zahnreihen gegeneinander oder Schmollmund, leichte Steifigkeit des Nackens, sowie eine ganze Reihe von Bewegungsstörungen.
Für die zerebrale Malaria und ihre Symptome sind verschiedene Ursachen verantwortlich: Hohes Fieber kann zur zeitweisem Bewusstseinsverlust, Fieberkrämpfen, Halluzinationen und geistiger Verwirrung führen. Ähnliche Symptome können aber auch die Folge eines gegen die Malaria eingesetzten Medikamentes sein. Eine Hypoglykämie kann ebenso zum Bewusstseinsverlust führen wie eine schwere Anämie. Bei älteren Personen kann ein Bewusstseinsverlust auch durch mehrmaliges Erbrechen und dem damit verbundenen Absinken des Natriumgehaltes im Blut verantwortlich sein
Hauptursache der zerebralen Malaria scheint aber die teilweise Blockierung der zerebralen Mikrozirkulation durch parasitierte Erythrozyten zu sein: Durch eine Oberflächenveränderung, den sogenannten "knobs" kleben die Erythrozyten an den Innenwänden der Kapillaren fest. Die dadurch verursachte Blockierung der Mikrozirkulation hat eine Verminderung der Sauerstoffversorgung zu Folge und führt zu einer gesteigerten Milchsäureproduktion (Laktat) durch anaeroben Glukoseabbau, zu welcher der Stoffwechsel von Plasmodium falciparum zusätzlich beiträgt. Je höher die Milchsäurekonzentration steigt, desto geringer ist die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten. Die an den Kapillaren klebenden Erythrozyten stören wahrscheinlich auch den Austausch von Gasen und Nährstoffen im Gehirn, eine völlige Unterbrechung der Durchblutung ist aber unwahrscheinlich, da die meisten Patienten keine bleibenden Hirnschäden davontragen. [Gilles, 1991, S. 11-15; Kakkilaya-9; Sherman, 1998, S. 376]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Neben den genannten Komplikationen treten eine Reihe von weiteren Symptomen auf. Dazu gehören Störungen des Elektrolythaushaltes, d.h. der Kalium- und Natriumionenkonzentrationen im Blut, eine Übersäuerung durch Laktat (Milchsäure) als Folge der durch eine Anämie verschlechterten Sauerstoffversorgung und des Stoffwechsels der Parasiten.
Oft kommt es im Verlauf der Malariaerkrankung auch zu Störungen des Herzens, für die neben einer Anämie, welche eine Beschleunigung des Herzrhythmus bewirkt (Tachicardia), wahrscheinlich auch Veränderungen der Mikrozirkulation des Herzens verantwortlich sind. Die Herzkapillaren werden durch parasitierte Erythrozyten, Makrophagen und Lymphozyten buchstäblich überschwemmt. Auf diese Weise kann eine Malariainfektion eine bestehende Herzschwäche verstärken und gegebenenfalls zum Tod führen.
Ein Lungenödem ist eine seltene, aber meist tödliche sekundäre Folge einer Plasmodium falciparum-Infektion. Neben durch den Parasitenbefall verursachten Zirkulationsstörungen kann das Ödem auch die Folge einer Blutransfusion sein und ist auf eine erhöhte Durchlässigkeit der Lungenkapillaren zurückzuführen. [Gilles, 1991, S. 20-21; Kakkilaya-11; Knobloch, 1999; Sherman, 1998, S. 378]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Wie andere Krankheitserreger auch versucht Plasmodium falciparum dem Immunsystem des menschlichen Körpers immer einen Schritt voraus zu sein, indem es die sich an der Zelloberfläche befindenden Antigene variiert, d.h. sein Aussehen gegenüber den Zellen des Immunsystems verändert. Das Immunsystem des Menschen braucht nämlich eine gewisse Zeit, um ein neues Antigen zu erkennen. Ein Erreger, der sein Aussehen ändert, gewinnt also zusätzliche Zeit und kann sich länger vermehren.
Eines der medizinisch wichtigsten Antigene von Plasmodium falciparum ist ein Protein namens PfEMP-1. PfEMP-1 ist dafür verantwortlich, dass mit Plasmodium falciparum infizierte rote Blutkörperchen — hervorgerufen durch eine Oberflächenveränderung — an den Wänden der Blutgefässe und an anderen, nicht infizierten roten Blutkörperchen kleben bleiben. PfEMP-1 ist dadurch nicht nur eine wichtige Ursache für die Gefährlichkeit von Plasmodium falciparum, die verklebten roten Blutkörperchen blockieren den Blutfluss in den Kapillaren, sondern ermöglicht es dem Parasiten auch, der Vernichtung durch Aussonderung in der Milz zu entgehen.
Gerade das wichtige PfEMP-1 kann aber in Plasmodium falciparum Parasiten stark variieren. Zwar produziert jeder einzelne Parasit nur einen einzigen Typ PfEMP-1, aber innerhalb einer Parasitenpopulationen können ganz unterschiedliche Variationen von PfEMP-1 gebildet werden. Die PfEMP-1 Proteine werden in der DNA des Parasiten, wie bei anderen Organismen auch, durch eine Reihe von leicht unterschiedlichen varGenen (var = Variation) codiert. Während aber die meisten Organismen ihre Antigenwahl durch das gezielte Einschalten eines bestimmten varGenes treffen, welches zur Bildung einer bestimmten mRNA und eines bestimmten Proteins führt, bildet Plasmodium falciparum in den frühen Phasen der Erythrozyteninfektion verschiedene, voneinander abweichende mRNAs. Nur eine der mRNAs wird dann aber in ein Protein umgesetzt, gleichzeitig werden über einen Rückkopplungsprozess die anderen varGene ausgeschaltet.
Normalerweise produziert die nächste Parasitengeneration dasselbe Antigenprotein. Nach der Neuinfektion der Erythrozyten, wenn der Antigenauswahlprozess erneut beginnt, kann Plasmodium falciparum aber auch ein anderes Antigen produzieren, falls einer anderen mRNA der Vorzug gegeben wird. In einer Parasitenpopulation können verschiedene Individuen auf diese Weise wahrscheinlich bis zu 45 verschiedene Antigene bilden.
Der beschriebene Mechanismus dürfte dafür verantwortlich sein, dass Immunität gegenüber Plasmodium falciparum-Infektionen erst nach mehrmaliger Erkrankung entstehen kann und hat bisher auch die erfolgreiche Entwicklung einer Malariaimpfung verhindert. [nature, 30.07.1998]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Plasmodium falciparum kann während einer Schwangerschaft einen äusserst ungünstigen Krankheitsverlauf bewirken. Am meisten sind nichtimmune Frauen betroffen, die in der ersten Schwangerschaft stehen. Dabei wird nicht nur die Mutter in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch der heranwachsende Fötus. Frühgeburten häufen sich, da eine Plasmodium falciparum-Infektion Kontraktionen der Gebärmutter auslösen kann, deren Frequenz und Intensität von der Höhe der Körpertemperatur abzuhängen scheint. In endemischen Malariagebieten weisen 20-40% aller Neugeborenen ein Geburtsgewicht von unter 2.5 kg auf. [Kakkilaya-5]
Während einer Schwangerschaft tritt Malaria häufiger auf, weist atypischere Symptome auf, nimmt einen ungünstigeren Krankheitsverlauf, und eine Behandlung wird durch die Kontraindikation der meisten Medikamente erschwert. Häufig weisen schwangere Malariapatientinnen einen von der Norm abweichendes Fiebermuster auf. Sowohl für die häufigere Erkrankung als auch für den ungünstigeren Krankheitsverlauf sind wahrscheinlich eine Unterdrückung des Immunsystems der Mutter während der Schwangerschaft sowie physiologische Veränderungen — beispielsweise eine Verringerung der Hämoglobinkonzentration im Blut — verantwortlich.
Während der Schwangerschaft sinkt der Gammaglobulinlevel und das retikulo-endotheliale System wird aufgrund von hormonellen Umstellungen unterdrückt. Dies führt zu einer Verminderung der Zahl der Antikörper gegen die Malaria und damit zum Verlust einer allenfalls über Jahre erworbenen Immunität. Der Parasitenbefall durch Plasmodium falciparum kann zehnmal höher sein als bei einer normalen Erkrankung. Dadurch werden die Symptome verstärkt und Sekundärinfektion begünstigt, da der Malariaerreger selbst auch zur Unterdrückung der Immunabwehr beiträgt. Als Folge ist die durch eine Plasmodium falciparum Infektion verursachte Sterblichkeit bei Schwangeren mit etwa 13% fast doppelt so hoch wie bei der Gesamtpopulation.
Bevorzugtes Versteck von Plasmodium falciparum während einer Schwangerschaft ist die Plazenta. Häufig verhindern die sich zwischen den Villi der Plazenta eingenisteten Parasiten und die durch sie angelockten Makrophagen eine genügende Versorgung des heranwachsenden Fötus mit Sauerstoff und Nährstoffen. In manchen Fällen ist der Verlust so gross, dass der Fötus abstirbt. Auch die Plazenta selbst erfährt dadurch eine Veränderung. Sie scheint dunkler als normal, weich und krümelig in der Konsistenz. Die Plazenta dient als eigentliches Reservoir für den Malariaerreger auch wenn in der peripheren Blutzirkulation längst keine Erreger mehr nachzuweisen sind. Damit steigt die Gefahr eines Rückfalls.
Die häufigste Komplikation der Malaria während einer Schwangerschaft ist die Anämie. Sie wird durch den erhöhten Bedarf während der Schwangerschaft zusätzlich verstärkt und tritt am häufigsten zwischen der 16. und 29. Schwangerschaftswoche auf. Ein bereits bestehender Eisen- und Folsäuremangel — eine häufige Begleiterscheinung einer Schwangerschaft, die in vielen Entwicklungsländern unerkannt und unbehandelt bleibt — trägt zusätzlich zur Verschlechterung der Situation bei. Eine vor allem in den zwei letzten Dritteln der Schwangerschaft auftretende Komplikation ist das Lungenödem. Bei in hohem Masse anämischen Frauen kann während des Geburtsvorganges durch die Doppelbelastung ein Herzversagen eintreten.
Auch die sogenannte Hypoglykämie, ein Absinken des Blutzuckerspiegels wird häufiger als bei anderen Personengruppen — ausgenommen bei Kindern — beobachtet. Häufigster Grund dafür ist neben der Belastung durch den Parasiten und die Schwangerschaft, sowie die allfällige Chininabgabe, eine häufig beobachtete Unterernährung schwangerer Frauen in den Entwicklungsländern. Zerebrale Malaria hingegen ist bei Schwangeren eher selten. [Fernando, 1994; Kakkilaya-5]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Schon im Mutterleib wird das heranwachsende Kind durch eine Malariainfektion geschädigt. Die pränatale und neonatale Sterblichkeit bei einer ungünstig verlaufenden Plasmodium vivax- oder Plasmodium falciparum-Infektion der Mutter im letzten Schwangerschaftsdrittel liegt zwischen 15 bis 70%. Selten, d.h. in weniger als 5% der Fälle, kommt es zu einer kongenitalen Malaria, wenn es dem Erreger gelingt, die Plazentabarriere zu überwinden und die Immunabwehr der Mutter nicht ausreicht, das heranwachsende Kind vor einer Infektion zu schützen. Bei nichtimmunen Müttern liegt das Risiko der kongenitalen Malaria allerdings höher. Da die im Fötus bei einer Malariabehandlung der Mutter erreichten Chinin- oder Chloroquinkonzentrationen nur einen Drittel der therapiewirksamen Dosis betragen, kann eine Malariainfektion nicht ausreichend medikamentös behandelt werden. Alle vier Malariaerreger können zu einer kongenitalen Malaria führen, bei Plasmodium malariae ist dies aber überdurchschnittlich häufig der Fall. Als Folge der kongenitalen Malaria können beim Neugeborenen die auch von Erwachsenen bekannten Malariasymptome auftreten, zudem aber auch eine Saugschwäche, die zu einer weiteren Verschlechterung des Zustandes führt.
Kommt ein Kind in einem endemischen Gebiet gesund zur Welt, verfügt es dank der Antikörper der Mutter über einen gewissen Immunistätschutz gegenüber einer Malariainfektion, welche etwa zwei Monate anhält. Während dieser Zeit sind Malariaerkrankungen selten oder verlaufen zumeist in einer milden Form. Andererseits können durch maternale Antikörper nicht geschützte Kinder sehr schwer erkranken, weil sich die eigene Immunabwehr erst allmählich entwickelt. Ab dem dritten Lebensmonat nimmt die Anfälligkeit zu und die Rate der Kinder welche mindestens eine Malariainfektion erlebt haben steigt von 10% bei den Dreimonatigen auf 80-90% bei den Einjährigen. Am höchsten ist die Sterblichkeit während der beiden ersten Lebensjahre. Eine Mehfachinfektion scheint bei dieser Altersgruppe die Wahrscheinlichkeit einer Malaria maligna zu erhöhen.
Am meisten sind Kinder zwischen 6-7 Monaten gefährdet, — während dieser Zeit ist eine schwere Anämie besonders häufig — da sie zu dieser Zeit die durch die Antikörper der Mutter erhaltenen Immunität verloren haben, noch über keine eigene spezifischen Abwehrmechanismen verfügen und oft auch ein Wechsel der Diät stattfindet. Bei einer reinen Milchdiät wird die Entwicklung der Malariaparasiten in den Erythrozyten durch einen Vitamin H1 Mangel teilweise gehemmt Aus diesem Grund nimmt die Malaria bei Säuglingen vielfach einen weniger schweren Verlauf.
In hochendemischen Gebieten können Kinder im Alter von 2 -5 Jahren gleichzeitig von durchschnittlich fünf konkurrierenden Plasmodium falciparum Populationen befallen sein. Interessanterweise nimmt das Risiko an einer Malaria maligna zu erkranken in diesem Alter mit zunehmender Zahl unterschiedlicher Populationen ab. Im Schulalter haben die meisten Kinder dieser Gebiete bereits eine beträchtliche Immunität erreicht. Tritt die Malaria selten oder nur sporadisch auf — dies kann innerhalb von endemische Gebieten auch in grösseren Städten der Fall sein — entwickelt sich ein Immunitätsschutz nur langsam und Erkrankungen und Todesfälle bei Kindern aller Altersgruppe treten auf.
Unterernährung führt zu keinem erhöhten Risiko, an Malaria maligna zu erkranken. Im Gegenteil, mehrere Beobachtungen weisen darauf hin, dass gut genährte Kinder ein erhöhtes Risiko aufweisen, an Malaria maligna zu erkranken, als dies bei unterernährten Kindern der Fall ist. Kommt es aber doch zur Malaria maligna, weisen unterernährte Kinder einen schweren Krankheitsverlauf und eine höhere Sterblichkeit auf. [Kakkilaya-5; Kayser, 1998, S. 538; STI, 1998, S. 14; NAP, 1996]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Zu den frühesten Symptome einer zerebralen Malaria bei Kindern zählen hohes Fieber bis 41° C, sowie die Unfähigkeit Nahrung oder Flüssigkeit aufzunehmen. Erbrechen und Husten sind ebenfalls weit verbreitet. Da bei Kindern zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Fieberkrämpfe auch bei anderen Erkrankungen häufig sind, weisen sie nicht unbedingt auf eine zerebrale Malaria hin. Falls ein Kind nach einem Fieberkrampf aber mehr als eine halbe Stunde ohne Bewusstsein bleibt, ist eine zerebrale Malaria wahrscheinlich. Krämpfe, die nach dem Eintreten des Komas anhalten, sind ein Zeichen für einen ungünstigen Krankheitsverlauf. Weitere auftretende Symptome sind schweres und lautes Atmen, eine kalte und klamme Haut, sowie eine bogenähnliche Verkrümmung des Körpers (Opistothonus). Blutungen der Netzhaut hingegen sind seltener als bei Erwachsenen. [Kakkilaya-12]
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Symptom | Erwachsene | Kinder |
---|---|---|
Dauer der Erkrankung bevor Komplikationen eintreten: | 5-7 Tage | 1-2 Tage |
Fieber: | bei Nichtimmunen oft sehr hohes Fieber | sehr hohes Fieber kann problematisch sein |
Eingeschränktes Bewusstsein oder Koma (zerebrale Malaria): | bei Nichtimmunen häufiger, ein Fünftel stirbt daran, bleibende Schäden sind selten | häufiger als bei Erwachsenen, jedoch mit geringerer Sterblichkeit, 10% der Erkrankten weisen bleibende Hirnschäden auf. |
Dauer des Komas | 2-4 Tage | 1-2 Tage |
Fieberkrämpfe | häufig | sehr häufig |
Abnormale Reflexe | selten | häufiger als bei Erwachsenen |
Anämie | häufig | häufigste Komplikation, schwerer als bei Erwachsenen |
Gelbsucht | häufig | selten |
Hypoglykämie (vor einer Behandlung) | nicht sehr häufig | häufig |
Nierenversagen | häufig | sehr selten |
Hyperparasitämie (hohe Parasitendichte) | selten | bei Kleinkindern häufig |
Hämoglobinuria (schwarzer oder blutfarbener Urin) | selten | selten |
Tendenz zu Blutungen | bis zu 10% | sehr selten |
Lungenödem | häufig | sehr selten |
Die Tabelle wurde mit Hilfe folgender Quellen zusammengestellt: Child Health Dialogue; Gilles, 1991, S. 5; Kakkilaya-12.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Die folgende Tabelle bietet eine kurzen Zusammenfassung in Bezug auf die Hauptmerkmale der Erscheinungsformen der verschiedenen Malariaerkrankungen Malaria quartana, Malaria tertiana und Malaria tropica.
Malariatyp | Erreger | Vorkommen | Lethalität | Inkubationszeit | Typische Kennzeichen |
---|---|---|---|---|---|
Malaria quartana | Plasmodium malariae | hauptsächlich in der Alten Welt, nur selten in Nord- oder Südamerika | niedrig | 4-5 Wochen | Fieberanfall alle 72 Stunden |
Malaria tertiana vivax | Plasmodium vivax | weltweit zwischen 16°-20° nördlicher und 20° südlicher Breite, bevorzugt gemässigte Zonen | niedrig | 2-3 Wochen | Fieberanfall alle 48 Stunden |
Malaria tertiana ovale | Plasmodium ovale | vorwiegend in Westafrika | niedrig | 2-3 Wochen | Fieberanfall alle 48 Stunden |
Malaria tropica | Plasmodium falciparum | hauptsächlich in den Tropen | ca. 5% aller Fälle | 1-2 Wochen | keine regelmässig auftretende Fieberanfälle, Weiterentwicklung zur Malaria maligna möglich |
Malaria maligna | Plasmodium falciparum | hauptsächlich in den Tropen | ca. 10% der Fälle | 1-2 Wochen | Organversagen, Eintritt des Todes innerhalb weniger Stunden möglich |
malariaähnliche Infektionen | normalerweise Affen befallende Plasmodien | vorwiegend Tropen | niedrig | unterschiedlich | Fieber |
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
Zusammenfassend werden noch einmal die vier wichtigsten Punkte im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild der Malaria aufgeführt:
Aufgrund des komplexen Krankheitsbildes, der schwierigen Diagnose und der Giftigkeit einiger Malariamedikamente, sollte beim Verdacht auf Malaria wenn immer ein kompetenter Arzt aufgesucht werden. Selbstmedikamentation ist nur in absoluten Notfällen zu empfehlen.
Zurück zur Orientierung "Krankheitsbild
|
|
|
---|
Fragen, Anregungen oder Korrekturanmerkungen an mattgig@freesurf.ch sind willkommen.
Matthias Giger, Oktober 1999 (Update: 15.02.2002)